Second Home – Kunstgenuss in Cork

Ich bin in Cork und genieße es sehr, diese schöne Stadt wiederzusehen.

Auf dem Programm steht in erster Linie Kunst- und Kulturgenuss aller Art und so möchte ich euch eine kleine und thematisch passende Entdeckung aus der Crawford Art Gallerie Cork nicht vorenthalten.

The Goose Girl. Edith Anna Œnone Somerville. 1888. Irish School. Öl auf Leinwand. Crawford Art Gallery Cork (Leigabe der Cork Corporation).

Auf ihrer Homepage schreibt die Crawford Art Gallery Cork über dieses Bild:

“Both The Goose Girl (1888) and its companion painting Retrospect (1887) [private collection] show Edith’s absorption of French Peasant Realism, and could easily be Salon paintings of the 1880s. Although coming from a privileged background herself, Edith had an interest in and sympathy for the lives of the villagers and country people of West Cork. The child, with her dark eyes and hair and her ragged barefoot attire, resembles the Italian models who were favoured by French artists in this period. In fact, it is a local girl, Mary Ann, who poses for the artist, and Edith acquired the white goose for three shillings. With its superb still-life detail, gleaming copper vessels, cabbage and string of onions, The Goose Girl is one of Edith Somerville’s finest early paintings.”

In der Ausstellung selbst wird das Bild darüber hinaus wie folgt interpretiert:

“Mary Ann, a local West Cork girl, clings to a favoured goose destined for a future meal. The painting reflects the injustice often felt in youth about adult decisions.”

Diese Interpretation erschien mir nicht nur schön klar formuliert sondern auch besonders bewegend und zeitlos relevant.

Ich habe es auch sehr genossen, dass in der ganzen Ausstellung neben den Bildern immer auch einige Hintergrundinformationen zu den Künster*innen, Kunstwerken und dargestellten Personen sowie Interpretationsansätze angeboten wurden!

The Goose Girl von Edith Anna Œnone Somerville ist derzeit im Rahmen der Ausstellung Heroes and Villains in der Crawford Art Gallery Cork zu sehen.

Gerade unter bibliophilen Menschen ist die Frage, ob man in Bücher malen oder schreiben darf, oft eine empfindliche. Auch ich habe damit Schwierigkeiten.

Bei Büchern, mit welchen ich arbeite, finde ich es inzwischen nicht mehr problematisch, mir Anstreichungen zu machen und Anmerkungen in die Marginalien zu schreiben (irgendwie sind sie ja schließlich auch genau dazu da). Als (Kunst-)Historikerin schätze ich den Wert, den die Spuren mancher Vorbesitzer eines Buches haben. Sie erzählen oft viel über den/die Besitzer, geben Auskunft über Provenienzen, Bildungskanon, Nutzungsverhalten, die Bedeutung des Buches in persönlichen, gesellschaftlichen und historischen Zusammenhängen. Kurz: sie sind hoch spannende und oft ertragreiche Untersuchungsobjekte. Auch macht es mir tatsächlich riesigen Spaß, die Handschriften längst vergangener Menschen und Zeiten zu entziffern.

Bei den Bilderbüchern meiner Tochter fühlt es sich dennoch manchmal etwas anders an. Ich denke dann gelegentlich solche Sachen wie: Was, wenn ihr in ein paar Monaten nicht mehr gefällt, was sie heute hineinmalt? Was, wenn das Buch später einer anderen Generation vererbt wird oder in die Verlagsbibliothek übergeht? Im nächsten Moment denke ich wiederum, das sei doch alles Quatsch. Immerhin ist es in diesem Moment ihr Buch und so viel Freiheit möchte ich ihr doch geben, dass sie ihre Sachen selbst gestalten kann und auf ihre Weise benutzen kann. Bei anderen Dingen bin ich ja auch weit weniger zimperlich. Warum also soll sie bei Büchern für mich einen Unterschied machen? Meist versuche ich trotzdem ihr zu erklären, warum ich das nicht machen würde. Ich werde ihr aber nicht den Stift aus der Hand nehmen. Wenn es in ihrem Regal steht, ist es ihr Buch.

Ich erzähle euch das, weil ich inzwischen schon mehrmals mit der Frage bzw. dem Gedanken konfrontiert wurde, man könnte die Bilder in unserem Landtierebuch von Susanne Haun und Gerd Knappe ja auch von den Kindern ausmalen lassen.
Im ersten Moment erschien mir der Gedanke absurd. Ich würde auch heute nicht auf die Idee kommen, einem Kind vorzuschlagen, die Bilder auszumalen. Jedes der Bilder von Susanne Haun ist ein in sich abgeschlossenes und stimmiges Kunstwerk. Das Landtierebuch ist auch eigentlich kein pädagogisches Mittel, sondern ein Gesamtkunstwerk aus Bildkunst und Poesie für Kinder und Erwachsene. Auch weiß ich, wie wichtig die weißen Flächen in den Bildern Susanne Hauns sind, weil es die Linien sind, aus welchen so viele ihrer Bilder ihr Leben beziehen und die brauchen Raum sich zu entfalten!
ABER: Wenn nun ein Kind von sich aus auf die Idee kommt, im Landtierebuch zu malen? Dann ist das wohl einfach sein Weg, sich die Bilder, das Schriftbild, das Buch anzueignen. Dann erzählt das etwas darüber, was das Buch dem Kind bedeutet und wie es das Buch wahrnimmt. Und das, muss ich sagen, ist – bei aller bibliophilen Verklemmtheit meinerseits – doch ziemlich cool!