Zu Besuch beim Künstler Jesko Donst

Zu Besuch beim Künstler Jesko Donst

All unsere Zeit und Energie verwenden wir in diesen Tagen darauf, unser nächstes Bilderbuch fertigzustellen.

Aus diesem Grund fiel in der letzten Woche auch der Blogbeitrag aus. Es stand stattdessen ein Besuch beim Künstler an. Die Bilder mussten abgeholt werden und es gab einiges zu planen, zu besprechen und einfach zu quatschen.

Jesko Donst lebt auf einem Hof in Mecklenburg-Vorpommern. Mit ihm leben dort unter anderem vier Windhunde, je ein Gold- und Diamantfasanenpaar, Königsfasane, ein Paar schwarzer Schwäne und ein Paar weißer Pfauen, Hühner, Tauben und allerlei wilde Vögel und kleine Tiere, wie etwa Zwergmäuse, die ihre wunderschönen kobelartigen Nester dankbar für die wilden Ecken des Gartens in die Gräser hängen.

Ein paar Eindrücke sind hier zusammengestellt.

Heute beginnt die zweite Etappe der großen Insektenzählung des NABU in diesem Jahr. Bei dieser Aktion, kann jede*r mitmachen, der Lust hat, sich eine Stunde Zeit zu nehmen, alle möglichen Sechsbeiner zu beobachten und dabei einen kleinen aber wertvollen Beitrag zur Insektenforschung in Deutschland zu leisten.

Ein guter Anlass für uns, einmal in unseren Büchern zu schauen, was dort so kreucht und fleucht. In unserem Bilderbuch Landtiere finden sich immerhin acht Insekten, vier verschiedener Arten und auch unter unseren Monsterkindern finden sich zwei Sechsbeiner, nämlich das lesende kleine Monster und das Ball spielende kleine Monster… ob die wohl zählen? In Die Geschichte von Tui-Tiu sind keine Insekten zu entdecken, das wird aber wohl an der Bildfokussierung auf den Makrokosmos liegen. Bei einer solch schönen Küstenlandschaft, die mit Buschwerk, Bäumen und steinigen Abschnitten einen derart abwechslungsreichen Lebensraum bietet, scheint es kaum vorstellbar, dass sie nicht von unterschiedlichstem Leben wimmelt! 😉 Den ganz großen Sprung in Sachen Biodiversität werden wir aber erwartbar erst mit unseren Vögeln von Jesko Donst machen, von welchen letzte Woche berichtet wurde.

Spaß beiseite. Nachdem wir im letzten Jahr alle die Nachrichten von dem schlimmen in Krefeld eindrucksvoll nachgewiesenen Rückgang der Insektenzahl gehört haben, ist es Zeit auch mit Blick auf dieses ökologische Desaster innezuhalten und darüber nachzudenken, was wir tun können. Manche größere Maßnahme in dieser Sache muss politisch entschieden und durchgesetzt werden, es gibt aber auch viele kleine Dinge, die jede*r von uns tun kann, um es den Insekten in unserer Umgebung ein wenig leichter zu machen.

Wir können zum Beispiel darauf achten, unsere Lebensmittel möglichst von Herstellern zu beziehen, die auf Breitbandherbizide (Unkrautvernichtungsmittel, die in der Regel Glyphosat enthalten) zu verzichten (und in unseren eigenen Gärten auf Gifte verzichten!) oder wir können bei der Einrichtung und Pflege unserer Balkone, Gärten und öffentlichen Grünanlagen darauf achten, neben der angestrebten Ästhetik auch die verschiedenen Lebensräume und ihre Bewohner mitzubedenken und gegebenenfalls zu schützen. Beim Rasenmähen lässt sich da beispielsweise ein leichter Anfang machen und der Umweltschutz auch mit ästhetischer und kunstgeschichtlicher Theorie verbinden!

Wenn beim Eichhörnchenverlag der Rasen gemäht wird, melden sich darum neben einem persönlichen Bedürfnis (Ich möchte meinen Rasen kurz haben, weil ich das an manchen Stellen ganz schön und auch für meine Nutzung der Rasenfläche als angenehm empfinde.) einige Fragen: Wie kurz möchte ich das Gras tatsächlich haben? (Die Biomasse in einer Rasenfläche kann erheblich zunehmen, wenn die Halme nur einige Zentimeter länger gelassen werden. Wer seinen Rasenmäher verstellen kann, sollte diese Funktion also ruhig nutzen, weil es einen großen Unterschied machen kann, ob die Halme nun 3, 5 oder 7 cm lang sind.) und: Welche Flächen möchte ich tatsächlich gemäht haben? Wo kann ich vielleicht wilde Inseln stehen lassen? Reicht es in manchem Teil meines Gartens, nur einen Weg in die Wiese zu mähen, um zeckenfrei von A nach B zu kommen?

Auf diesem Wege konnten wir in unserem Garten schon einiges an spannendem wilden Leben beobachten und ich habe für mich herausgefunden, dass meinen kleinen wilden Wieseninseln für mich eine ähnliche Funktion erfüllen, wie die Staffagebauten im Englischen Landschaftsgarten. Sie akzentuieren meine Gartenlandschaft, geben den Augen nicht zuletzt durch ihre Bewohner etwas zu verweilen und dem Kopf Freiraum zu sinnieren und sie bewahren einen Anschein von Natur anstelle von durchchoreografierter Pflanzkultur. Klingt ganz schön oder? Ist es auch. 🙂

Wir wünschen euch allen ein flatterhaftes und krabbelig schönes Wochenende!

Mehr kunsttheoretisch beschwingte Ausflüge in die Brandenburgische Gartengeschichte gibt es hier. Außerdem sei an dieser Stelle auf die etwas älteren Blogbeiträge zur Fliege in der Kunst und unseren Postkartengrashüpfer verwiesen.

Es macht mir besondere Freude, heute einen neuen großartigen Künstler in den Kreisen des Eichhörnchenverlags vorzustellen. Im Sommer des letzten Jahres hatte ich das Vergnügen den Künstler Jesko Donst bei einer Ausstellung, die ich mitgestalten durfte, persönlich kennenzulernen. Der untenstehende Text entspricht im Wesentlichen meiner damals gehaltenen Eröffnungsrede, hat seither jedoch nichts an Bedeutung und Richtigkeit verloren.
Während wir in Vorbereitung der Ausstellung gemeinsam die Bilder hängten und besprachen, ist mir sehr deutlich geworden, dass in jedem einzelnen von ihnen ein immenses Maß an stiller, ehrlich interessierter Beobachtung sowie Achtung und emotionaler Anteilnahme steckt, welche Jesko Donst einem jeden Lebewesen zuteil werden lässt. Das war sehr beeindruckend. Dass ich mit ihm ein Bilderbuch machen wollte, stand zu diesem Zeitpunkt jedoch ohnehin schon außer Frage und ich freue mich, dass er sich dieser Aufgabe gern angenommen hat!
Das Bilderbuch erscheint voraussichtlich im Jahr 2019 und wird sich mit einigen bei uns heimischen Vögeln und anderen Lebewesen beschäftigen, soviel sei verraten. Details zum Buch folgen in den nächsten Wochen!

 

Jesko Donst ließ sich in Meißen und Berlin zum Porzellanmaler ausbilden. Hierin findet sich eine technische Wurzel, die sich in seiner Methode, aber auch in der Wahl und Behandlung seiner Motive widerspiegelt. Seine Arbeiten sind geprägt von einem hohen Grad an technischer Präzision und Perfektion. Mit haarfeinen Pinseln und zeitaufwändigen, hauchdünnen Lasuren schafft er Bilder, die alle Details ihrer Vorbilder wiederzugeben scheinen.

Eine bildhistorische Referenz kann in der niederländischen Stilllebenmalerei des 17. und 18. Jahrhunderts, besonders Wald- und Blumenstillebenmalerei, gefunden werden.
Die Niederlande wurden im 17. Jahrhundert zu einer der wichtigsten See- und Wirtschaftsmächte und oft genug dienten die Stillleben dieser Zeit dazu, den neugewonnen Reichtum, die aus allen Teilen der Welt – zum Beispiel in Form von Tulpenzwiebeln – herbeigebrachte Pracht zur Schau zu stellen. In gewissem Maße finde ich diese Gedanken auch in den Bildern Jesko Donsts.

Seine Lust am Schauen, an der Fülle und Schönheit der Natur ist seinen Bildern leicht anzusehen, jedoch wenn wir genauer hinsehen, sind es seltener die Exotika, die er uns vorführt. Vielmehr demonstriert er uns die Schönheit unserer uns alltäglich umgebenden Fauna und Flora.

“Pirol” von Jesko Donst. Acryllasur, 2011. Privatbesitz. (c) Jesko Donst.

Auf dem hier gezeigten Bild („Pirol“ 2011, Acryllasur) beispielsweise, sehen wir einen Pirol mit einer Kirsche am Schnabel, der auf einem Granatapfel steht. Der Granatapfel ist eine exotische Frucht und mit vielen historischen und symbolischen Konnotationen, insbesondere Fruchtbarkeits-, aber auch Frömmigkeitsreferenzen verknüpft. In diesem Bild aber ist die Schnecke viel interessanter, welche ihn sich erobert. Sie ist eine gewöhnliche Bänderschnecke, wie wir sie in unseren Gärten finden können. In der Art, wie sie hier als Eroberin des Granatapfels ins Bild gesetzt ist, können wir ihr aber eine viel größere Bedeutung als der Frucht beimessen, wie sie ja auch in unserem alltäglichen Umwelterleben tatsächlich eine viel größere Bedeutung innehat.

Die Bilder Jesko Donsts haben auch eine wichtige erinnernde und moralisch appellierende Funktion. Viele der gezeigten Vögel und anderen Tiere sind in Notsituationen. Seien es ganz konkrete persönliche Notsituationen oder sei es die Not, in welche ihre ganze gefährdete oder bedrohte, vielleicht schon ausgestorbene, Art geraten ist. Immer wieder tauchen manche bedrohten und fast schon ganz verschwundenen Arten in seinen Bildern auf, so wie die Großtrappe zum Beispiel. Wehmut, Mahnung und Traurigkeit schwingen in diesen Bildern mit.

Es sind aber nicht nur Tiere, von denen diese Bilder sprechen. Sie sprechen auch von den Menschen, von uns Betrachtern, von dem Künstler selbst, als Liebhabern und Bewunderern dieser natürlichen Schönheit und Vielfalt und auch von uns Menschen als den Zerstörern derselben.

Zum Abschluss möchte ich noch aus einem Kinderbuch zitieren, welches viele kennen und schätzen werden, denn eines ist mir noch aufgefallen, als ich einmal das Vergnügen hatte, bei einer Ausstellung Jesko Donsts mitzuwirken: Zu jedem Bild, zu jedem Vogel, jeder Feder gibt es ein konkretes Vorbild, ein Gesicht, eine besondere Geschichte. Jesko Donst hat alle seine Motive gezähmt.

 

»„Wer bist du?“ sagte der kleine Prinz. „Du bist sehr hübsch …“
„Ich bin ein Fuchs“, sagte der Fuchs.
„Komm und spiel mit mir“, schlug ihm der kleine Prinz vor. „Ich bin so traurig …“
„Ich kann nicht mit dir spielen“, sagte der Fuchs. „Ich bin noch nicht gezähmt!“
„Ah, Verzeihung!“ sagte der kleine Prinz.
Aber nach einiger Überlegung fügte er hinzu:
„Was bedeutet das: ‘zähmen’?“
[…]
„Das ist eine in Vergessenheit geratene Sache“, sagte der Fuchs.
„Es bedeutet: sich ‘vertraut machen’.“
„Vertraut machen?“
„Gewiß“, sagte der Fuchs. „Du bist für mich noch nichts als ein kleiner Knabe, der hunderttausend kleinen Knaben völlig gleicht. Ich brauche dich nicht, und du brauchst mich ebenso wenig. Ich bin für dich nur ein Fuchs, der hunderttausend Füchsen gleicht. Aber wenn du mich zähmst, werden wir einander brauchen. Du wirst für mich einzig sein in der Welt. Ich werde für dich einzig sein in der Welt …“«

Antoine de Saint-Exupéry in „Der kleine Prinz“

Bevor der Eichhörnchenverlag gegründet wurde, habe ich keine digitalen sozialen Netzwerke genutzt. Seit es den Verlag aber gibt, ist das anders geworden. Jetzt nutze ich mit dem Verlag Twitter, Instagram, Pinterest und Facebook sowieso. Manchmal ist das sehr anstrengend, manchmal auch sehr aufreibend. Der Spagat zwischen digitaler Repräsentation des Unternehmens Eichhörnchenverlag, persönlichen Interessen und dem Wissen, dass die Preisgabe von Menschlichem und Privatem die Reichweite erhöht, bei dem gleichzeitigem Wunsch die Privatsphäre aller Beteiligten und ihrer Familie zu wahren ist oft groß. Manchmal aber, manchmal ist der weite Blick, den die sozialen Netzwerke ermöglichen, auch ein echtes Geschenk.

So ergeht es mir gerade mit der Entdeckung eines Programms der BBC. Zu jeder Jahreszeit werden in diesem Programm in einem begrenzten Zeitraum Kameras in der (britischen) Natur installiert, um so das aktuelle Leben – besonders das tierische – zu dokumentieren und zu vermitteln und ein Lanze für den Naturschutz zu brechen. Momentan trägt es entsprechend den Titel Winterwatch. Ich liebe dieses Programm. Schon als Kind habe ich Tierfilme geliebt und dieses Programm triggert offenkundig eine tiefsitzende Leidenschaft und Faszination. Um so schöner ist es, wenn man also so eine Inspiration aus den sozialen Netzwerken mitnehmen kann, in das echte Leben trägt und dort sogar teilen darf… wir waren also endlich mal wieder im Naturkundemuseum in Berlin.

Mein Kind und ich und mein inneres Kind haben einen langen und wunderschönen Tag in diesem Museum verbracht – das jedem unbedingt zu empfehlen ist – und sind sehr aufgeregt, angefüllt mit neuen Eindrücken und glücklich nach Hause gekommen.

Als Mensch mit besonderem kulturhistorischen Interesse und Augenmerk konnte ich nicht umhin zu bestaunen, wie viele verschiedene Perioden und Konzepte musealer Präsentation – von den hölzernen Vitrinen aus dem 19. Jahrhundert der Mineraliensammlung bis zum gläsernen Schaudepot der Nass-Sammlung, um nur zwei Fixpunkte zu nennen – in diesem Haus nebeneinander zu bestaunen sind. Überhaupt ist es spürbar, dass das Naturkundemuseum sich derzeit viel bewegt und sich ein Stück weit neu erfinden will und ich bin sehr gespannt, wo diese Reise hingeht!

Als Verlegerin habe ich die Frage mitgenommen, ob ich mir ein Dinosaurierbilderbuch im Eichhörnchenverlag vorstellen kann. Eine schwierige Frage finde ich. Ideen und Vorschläge sind willkommen. 😉 Ein wenig ergab sich die Frage daraus, dass wir bei unserem abschließenden Streifzug durch den Museumsshop feststellten, dass es zwar einige sehr schöne Sachbücher und Sachbilderbücher über Dinosaurier gab, wir die Erzählungen und Geschichtenbücher aber eher nicht so überzeugend fanden. Immerhin ein Buch habe ich doch gefunden, dass sich ein bisschen zwischen den Welten von Sachbuch und Literatur für Kinder bewegt und nicht zurückgelassen werden konnte. Es heißt „Knochen aus der Kiste. Die Dinosaurier der Tandaguru-Expedition“ und erzählt die Geschichte einer tatsächlich historischen Expedition aus der Perspektive eines Jungen, der diese Expedition anhand von alten Dokumenten und Aufzeichnungen, Erzählungen und Objekten im Museum als Teil seiner Familiengeschichte entdeckt. Das Buch entstand in enger Zusammenarbeit mit dem Museum für Naturkunde und ich bin tatsächlich sehr gespannt darauf!

So. Dieses Wochenende nutzen wir dann wohl dazu, einen Steingarten für die Eidechsen auf unserem Hof vorzuplanen und ein paar Vögel zu beobachten. Manchmal machen die digitalen sozialen Netzwerke eben auch richtig viel Schwung für das Leben off line.

 

Falls ihr neugierig geworden seid:

Knochen aus der Kiste. Die Dinosaurier der Tendaguru-Expedition
Text: Nadine Swaantje Svoboda
Illustration: Valerio Nervi
Berlin, 2014
Vergangenheitsverlag